Etwas über Logik
Zur Aufgabe der Logik ( Ga 108 Vorträge Berlin, 20. und 28. Okt. 1908 Seite: 197 - 217 )
Es ist mir wichtig, dass die Aufgabe der Logik so gut wie möglich erkannt werde, dass wir ihre Rolle beim Erkennen und Einordnen von Wahrnehmungen des Sinnlichen sowie des Übersinnlichen möglichst gut kennen. Dazu habe ich einiges zitiert, um dem Leser einen Hinweis zu geben, was die Vorträge enthalten. Wer tiefer eindringen will, kann sich die Vorträge durch den folgenden Link anzeigen lassen oder herunterladen.
Die formale Logik kann direkt nichts bieten für das Eindringen in die höheren Welten. Das kann eine logische Betrachtung ebenso wenig, wie die formale Logik die Erfahrung auf sinnlichen Gebieten bereichern kann. Jemand, der zum Beispiel noch nie einen Walfisch gesehen hat, kann sich nicht beweisen lassen, dass es einen solchen gibt. Er muss die Beobachtung selber machen.
Dagegen ist die Form des Denkens Aufgabe der Logik, sie bringt Ordnung in die Gedanken, sie lehrt, wie wir Begriffe verbinden müssen, die zu richtigen Schlüssen führen.
Die formale Richtigkeit eines Urteils ist nur von der richtigen Verbindung der Begriffe abhängig, [aber die Gültigkeit eines formalen Urteils hängt davon ab das es sich in ein gültiges Existentialurteil umwanden lässt]. Ein formales Urteil wird dadurch umgewandelt in ein Existentialurteil, daß man dem Subjekte das Prädikat beigibt; man bereichert das Subjekt. Und das ist ja gerade das Ziel des Urteilens und auch des Schließens: die Bildung von solchen Begriffen, die Gültigkeit haben. Bilden Sie das Urteil: Ein gelber Löwe ist -, so haben Sie nicht nur auf formale Richtigkeit, sondern auch auf Gültigkeit hin gedacht. Jetzt sehen Sie, daß allerdings die formale Logik die Möglichkeit bietet, uns sozusagen auszufüllen mit richtigen Begriffen, daß aber die Bildung gültiger Urteile das ist, was wir ins Auge fassen müssen; und gültige Urteile sind nicht aus der bloßen formalen Logik zu gewinnen. [...] Die formale Logik gibt uns die Möglichkeit, zu richtigen Begriffen zu kommen; wir können uns mit ihrer Hilfe recht fruchtbare Begriffe machen. Für die Gültigkeit von Urteilen aber wird die Logik sich doch von inhaltlichen Gesichtspunkten befruchten lassen müssen. Die Menschen machen sich gewöhnlich nicht recht klar, was Logik überhaupt ist. Wenn man aber gelernt hat, den Begriff richtig zu fassen, unabhängig vom Inhaltlichen, so ist das äußerst wichtig.
Gültigkeit und Formalität des Urteils sind zweierlei Dinge. Es werden nun dadurch, daß die Menschen sich keine rechte Rechenschaft darüber geben, wie eigentlich diese Dinge zusammenhängen, ganz große Theorien ausgesponnen, die von manchen Leuten für unumstößlich angesehen werden, die aber in sich selbst zusammenfallen würden, wenn die Leute sich einmal den Unterschied zwischen «formaler Richtigkeit» und «Gültigkeit» klarmachen würden.
[Es wird den Anthroposophen oft der Vorwurf gemacht, dass sie nicht logisch seien. Das kommt sehr oft daher, dass der Betreffende, der den Vorwurf macht, gar nicht weiß, was logisches Denken ist und welches die Gesetze logischen Denkens sind.]
Logik ist die Lehre von der richtigen, harmonischen Verbindung unserer Begriffe. Sie umfasst die Gesetze, nach denen wir unsere Gedanken regeln müssen, damit wir im Inneren einen Spiegel der richtigen Verhältnisse des Wirklichen haben.